Verjährung Urlaubsanspruch: Das Urteil schockierte die Steuerfachangestellte

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Gesetzliche Verjährungsfristen regeln den Anspruch eines Arbeitnehmers auf seinen Jahresurlaub, der bezahlt werden muss. Am Ende des Kalenderjahres, in dem der Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber über seinen Urlaubsanspruch und mögliche Verjährungen belehrt worden ist, beginnt die dreijährige Verjährungsfrist. Dies gilt aber nur, wenn der Arbeitnehmer den Urlaub aus freien Stücken nicht angetreten hat.

Bundesarbeitsgericht gibt Mitarbeiterin Recht: Urteil mit Az.: AZR 266/20 vom 20. Dezember 2022 richtungsweisend

Verjährungsfrist angefochten: Angestellter klagt vor dem Arbeitsgericht (Foto: AdobeStock - Yanukit 266748291)

Verjährungsfrist angefochten: Angestellter klagt vor dem Arbeitsgericht (Foto: AdobeStock – Yanukit 266748291)

Gegenstand des Urteils 9 AZR 266/29 vom 20. Dezember 2022 durch das Bundesarbeitsgericht war ein bereits zuvor durch das Landesarbeitsgericht Düsseldorf getroffenes Urteil (Az.: 10 Sa 180/19 vom 21. Februar 2020). Die Klägerin zog gegen ihren ehemaligen Arbeitgeber vor Gericht, weil dieser die von ihr geforderten 101 Urlaubstage aus mehreren Beschäftigungsjahren nicht vergüten wollte. Die Klägerin war vom 1. November 1996 bis zum 31. Juli 2017 als Steuerfachangestellte und Bilanzbuchhalterin beim Kläger beschäftigt und bekam nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nur 14 Urlaubstage mit 3.201,38 Euro vergütet.

Im Revisionsverfahren zur am 6. Februar 2018 eingereichten Klage vor dem Arbeitsgericht sprach das Landesarbeitsgericht der Klägerin eine Abgeltung weiterer 76 Arbeitstage in Höhe von 17.376,64 Euro brutto zu. Der Beklagte brachte den Einwand hervor, dass die Urlaubsansprüche durch Verjährung nicht mehr bestehen würden. Das Landesarbeitsgericht wies diesen Einwand zurück.

Ende des Urlaubsjahres nicht maßgeblich für die Verjährungsfrist, Revision wurde abgelehnt

Der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts sieht die in den §§ 214 Abs. 1 und 194 Abs. 1 BGB vorgeschriebenen Regelungen zum Mindesturlaub und einer möglichen Verjährung als nicht maßgeblich für den vorliegenden Fall an und ließ eine Revision durch den Beklagten daher nicht zu. Bei richtlinienkonformer Auslegung des § 199 Abs. 1 BGB müsste eine Verjährung mit Frist von drei Jahren nicht mit dem Ende des Urlaubsjahres beginnen. Vielmehr ist der Schluss des Jahres maßgeblich, in dem der Arbeitgeber seinen Verpflichtungen zur Aufklärung über Urlaubsansprüche und Verjährungsfristen gegenüber dem Arbeitnehmer nachgekommen und der Arbeitnehmer seinen Erholungsurlaub aus freier Entscheidung trotzdem nicht angetreten ist.

Arbeitgeber muss Pflichten gegenüber dem Arbeitnehmer wahrnehmen

In einer Vorabentscheidung vom 22. September 2022 (-C-120/21) hatte der Gerichtshof der Europäischen Union die Grundlage für das Urteil des Neunten Senats gelegt. Laut Gerichtshof ist der Zweck der Verjährungsfristen die Sicherstellung der Rechtssicherheit. Doch diese Sicherung müsse im vorliegenden Fall hinter Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte, wie sie in der Europäischen Union gelten, zurücktreten. Die Gesundheit des Arbeitnehmers hat höchste Priorität und die Sicherung der Rechtssicherheit darf kein Vorwand sein, um den Arbeitnehmer an der Ausübung seiner Rechte bezüglich des bezahlten Jahresurlaubs zu hindern. Der Arbeitgeber könne aber die Rechtssicherheit gewährleisten, wenn er seinen Verpflichtungen gegenüber dem Arbeitnehmer nach nachkommt und diese Obliegenheiten nachholt.

Der Beklagte war als Arbeitgeber seinen Aufforderungs -und Hinweisobliegenheiten gegenüber der Klägerin nicht nachgekommen, sodass diese ihren Urlaubsanspruch nicht wahrnehmen konnte. Die Ansprüche konnten daher nicht zum Ende des Kalenderjahres verfallen, wie in § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG vorgesehen. Sie konnten auch nicht in einen zulässigen Zeitraum (§ 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG) übertragen werden. Der Beklagte konnte nicht nachweisen, dass der nicht in Anspruch genommene Urlaub bereits verjährt sei. Die Klägerin hatte den Anspruch auf Abgeltung innerhalb der Verjährungsfrist geltend gemacht. Diese ist auf drei Jahre beschränkt.

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